13. - 15. Juli 2012
Als ich am Pfingstmontag meinen müden, aber durchweg glücklichen Körper aus der Hockeystadt schleppte begann eigentlich schon die Anreise zum Steiger Cup - zumindest emotional. Und auch wenn die fünf Wochen zwischen den beiden Turnieren zunächst schier unüberwindbar schienen, so steigerte sich die Vorfreude doch von Tag zu Tag und explodierte förmlich, als ich am Donnerstag mit dem Packen meiner Tasche begann und als diese dann auf Grund von Zelt, Schläger, Kulturbeutel und sonstigen anderen Dingen, die man auf einem Turnier eigentlich gar nicht braucht, fast aus allen Nähten platzte und ich den Reißverschluss langsam und vorsichtig zuzog, spätestens da hörte ich wieder diesen liebevollen und unwiderstehlichen Ruf der Hockeystadt. "Ja, ich komme gleich," rief ich zu meiner eigenen Verwunderung zurück und fiel für eine letzte Nacht in der Fremde in mein eigenes Bett.
Das Gefühl mit dem ich am nächsten Morgen aufwachen sollte war ungefähr das gleiche, was ich am Morgen des 24. Dezembers 1982 hatte. Damals, im stolzen Alter von drei Jahren und zufällig auch an einem Freitag, war ich nachts irgendwie auf den Trichter gekommen, den Weihnachtsmann wirklich gehört, wenn nicht gar persönlich gesehen, zu haben und so randalierte ich neugierig und vorfreudigst den ganzen Tag über an der verschlossenen Wohnzimmertür. Drei Jahrzehnte später hab ich mich allerdings deutlich besser im Griff und so begann die Reise an der S-Bahn-Station Sternschanze verhältnismäßig friedlich.
Ich und meine Begleiter bogen irgendwann am frühen Abend am schönen Baldeneysee links ab und rollten mit dem gelben Los-Camuchos-Ungetüm auf die ETuF-Clubanlage, passierten die Messingplakete mit der Aufschrift "Diese Schranke wurde mit freundlicher, finanzieller Unterstützung durch Tobi W. rekonstruiert" und tasteten uns langsam vorwärts und dann war es soweit: Die Nebelschwaden der Ungeduld rissen auf und gaben den Blick auf etwas frei, was - obwohl der Himmel wolkenverhangen war - glänzte, als wenn es in strahlendem Sonnenschein läge. Die Hockeystadt war erreicht und uns wehte ihr lieblicher Duft in die Nase.
"Hier wollen wir nie wieder weg," dachten wir bei uns und damit das auch möglichst schwer werden würde, fuhren wir das gelbe Monster erstmal auf dem Zeltplatz derartig fest, dass massive Mithilfe aller Umherstehender nötig wurde um das Gefährt wieder freizubekommen. Als auch das geschafft und die Zelte aufgebaut waren, öffnete der Himmel das erste mal seine Schleusen und die sonst eher immer am Bierpilz aufbrandende Welcome-Party wurde kurzum in das Partyzelt verlegt, so dass das Wetter uns - zumindest für diesen Abend - nichts mehr anhaben konnte.
Wie es sich für die Hockeyfamilie gehört war die darauffolgende Party standesgemäß, langsam füllte sich die Clubanlage, der Zeltplatz und das Partyzelt und die Kapelle spielte unglaublich gut auf. Freunde, Fremde und sogar fremde Freunde lagen sich in den Armen und die Stimmung hätte nicht besser sein können.
Dem Katerfrühstück und ein paar zaghaften Sonnenstrahlen am Samstagvormittag folgte - richtig - Regen. Ach ja, und die Hockeyspiele. Diese wurden allerdings so unerfolgreich bestritten, dass sie an dieser Stelle mal lieber keine Beachtung mehr finden sollen. Spaß gemacht hat es aber auf jeden Fall, ebenso wie übrigens unseren drei Teamkollegen beim Staffellauf zuzuschauen. Die drei waren übrigens zu fünft, allerdings lässt der körperliche Zustand des Chronisten es nicht zu die Lösch-Taste zu betätigen. Auch egal.
In stehts geselliger Runde verlebten wir so den Samstag und erfreuten uns an den vielen lieben und netten Menschen, die sich zu uns gesellten. Einem leckeren Abendessen folgte erstmal nix. Stephan und Ralf streuten nämlich spontan noch den Programmpunkt 'Kabelsalat' in den Turnierablaufplan ein. Nach der gefühlten Ewigkeit von zwei Minuten war aber auch das behoben und Lichtanlage und Musikboxen rotzten uns eine Turnierparty vom Feinsten vor die Füße und in dieser Lache galt es nur noch auszurutschen. Auch Papst Ulla versuchte noch einen Spontanprogrammpunkt einzubringen, allerdings war er der einzige der Bock auf Stagediving hatte. Bis tief in die Nacht hallte die Musik und das Gelächter über die Anlage und den benachbarten Baldeneysee und einmal mehr war es ein erster Silberstreif am Horizont, der die aufgehende Sonne ankündigte, als die letzten von der Party in die Zelte wankten.
Auf ein verkatertes Erwachen am frühen Sonntagmorgen folgte beim Frühstück die Erkenntnis, dass Rührei so ziemlich das leckerste ist, was an so einem Turniersonntag aus dem Tetra-Pack kommen kann. Unser einziges Spiel an diesem Tag fiel leider dem nächtlichen Verlust mehrerer Spieler zum Opfer, allerdings und glücklicher Weise auch bei den Gegnern. So schlingerten wir bei dem ein oder anderen Getränk der Siegerehrung entgegen.
Vom FSK waren mit dabei: Papst Ulla, Störte, Hannes, Schoko, Rückgrat, Maize, Condor, Wiechmän, Kelli und Burn. Unser Dank gilt Alex und Flo für die Unterstützung auf dem Platz, Stephan, der natürlich auch zum FSK zählt, Brochi und Döppi stellvertretend für alle Jungs und Mädels vom ETuf, die wieder ein unglaublich tolles Turnier auf die Beine gestellt und damit die Geschichte der Hockeyfamilie um ein wichtiges und wertvolles Kapitel erweitert haben. Außerdem möchten wir uns bei den Mädels vom Thekenterror, beim gelben Wahnsinn, sowie bei "Dat Miljö" und irgendwie allen anderen die dabei waren bedanken, es war einmal mehr ein großer Spaß.
Nachdem die letzten Spiele gespielt waren versammelte sich die große Meute zum allerletzten Aufgalopp des Turniers noch einmal zwischen Turnieraufsichtsbaracke und Bierpilz zur Siegerehrung. Und während Stephan noch einmal für alle die sich nicht mehr erinnern konnten die letzten drei Tage resümierend zusammenfasste und den sicherlich zu recht bei Herren und Damen siegreichen Teams die Trophäen überreichte, kam zum ersten Mal an diesem Wochenende so wirklich die Sonne raus, und küsste unsere müden, schmerzenden Körper mit einem unglaublich warmen Licht. Irgendwie wurde die Siegerehrung so zu einem unglaublich schönen Moment.
Es hätte allerdings auch Bindfäden regnen können, denn wie die gerade durch die Wolken brechende Sonne fühlte es sich eigentlich ebenfalls an, Cornelius wieder auf beiden Beinen stehen zu sehen und ihn auf die Frage wie es ihm mittlerweile ginge mit einem verschmitzten Grinsen "joa, läuft..." antworten zu hören. Dass dieser Junge, der vor genau zwei Jahren an gleicher Stelle diesen tragischen Unfall hatte nun wieder auf beiden Beinen vor uns stand war nicht nur unglaublich schön und ergreifend, sondern es war irgendwie auch nur fair. Fair vor allem natürlich für Cornelius, fair für alle die diesen schlimmen Moment vor zwei Jahren mitbekommen mussten, aber und ganz bestimmt auch nur fair für den Steiger Cup.
Und es war unglaublich schön, dass die Anwesenden der Hockeyfamilie sich an der kleinen Spendenaktion so toll beteiligten und wir Cornelius auch von dieser Stelle noch einmal nicht nur weiterhin alles Gute, sondern auch viel Spaß in Südafrika wünschen können.
Schlussendlich wurde dann noch die letzte ausstehende Siegerehrung für die Thekengoldwertung durchgeführt und diese ging an den "gelben Wahnsinn", vormals Evolutionrückwärtsmeiernbremenloscamuchos. Wer darauf allerdings vorher Geld in der Hoffnung, damit sein Turnier refinanzieren zu können, gesetzt hatte, der wurde schwer enttäuscht. Bei einer Mannschaftsstärke von 26 Mann waren die Quoten bei den Buchmachern bereits Tage im Voraus im Keller. Ebenso mit dem Ende der Siegerehrung die Preise am Bierpilz: "Freibier!"
Nach ein paar letzten Getränken und der leckersten und mittlerweile auch notwendigsten Bratwurst meines Lebens folgte der Moment, auf den ich drei Tage lang schon keine Lust hatte, denn unweigerlich und einmal mehr war der Moment der Erkenntnis da, dass auch dieses Turnier nun langsam zu Ende war und es ans Abschied nehmen ging. Dieser Moment ist nie schön, aber ganz besonders hasse ich ihn allerdings beim Steiger Cup, denn auch diesmal zog er sich den ganzen beschissen langen Weg bis zum Parkplatz hin.
Wieder einmal hat es ein Wochenende geschafft, mir nicht nur alles abzuverlangen, sondern mich auch sehr, sehr glücklich zu machen. Glücklich, wieder einmal dabei gewesen zu sein. Und ich denke das gilt für alle vom FSK.
Fünf Stunden später fand ich mich in meinem Bett wieder. Und während als Kind irgendwann die schmerzliche Erkenntnis reifen musste, dass das mit dem Weihnachtsmann eine Riesenlügengeschichte war, weiß ich sehr wohl, dass es den Steiger Cup gibt. Und irgendwie ist das auch viel besser so herum. Ich glaube meine eventuellen Kinder werde ich nicht belügen. Ich erzähle ihnen, der Steiger Cup bringt die Geschenke. Und irgendwie stimmt das ja auch.
Glücklich und müde schloss ich die Augen, merkte wie sich die letzten Kräfte meines Körpers mobilisierten und während ich in eine barmherzige Ohnmacht fiel, pfiff ich die Melodie eines Liedes...
I, I follow, I follow you Deep sea baby, I follow you.
I, I follow, I follow you Dark room honey, I follow you.
Küsschen,
Burn.
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